Als Teil des Deutschunterrichts zum Thema Semantik haben wir das sprachliche Phänomen der Frames behandelt – insbesondere, wie sie funktionieren und welchen Einfluss sie auf unsere Auffassung schriftlicher Informationen haben. Meiner Meinung nach ist dies ein sehr wichtiges Thema, mit dem man sich unbedingt auseinandersetzen sollte, da man sich dadurch bewusst wird, wie Werbung, politische Inhalte und andere Textarten funktionieren und wie sie uns manipulieren können.
Framing wird jedoch nicht nur eingesetzt, um unsere Entscheidungen und Gedanken zu beeinflussen, sondern ist auch grundlegend für unsere zwischenmenschliche Kommunikation. Ohne Frames könnten wir nicht miteinander kommunizieren, da wir niemals effizient Bedeutung herstellen könnten.
Framing funktioniert, indem wir die Bedeutung von Wörtern abhängig machen vom Kontext, der durch para- und nonverbale Signale, andere Wörter und viele weitere Faktoren bestimmt wird. Man ruft also einen zum Kontext passenden Frame auf – und mithilfe dieses Frames interpretieren wir, was kommuniziert wird. Ein Beispiel, das im Unterricht genannt wurde, ist das Wort „Wurzel“, das eine völlig andere Bedeutung hat, wenn man es bei einer Wanderung im Wald verwendet – dort bezieht man sich auf Pflanzenwurzeln – als wenn man es in einer Zahnarztpraxis gebraucht, wo es die Zahnwurzel bezeichnet. So kann ein Wort viele verschiedene Bedeutungen und Anwendungen haben, ohne dass Missverständnisse entstehen.
Frames werden automatisch und unbewusst aktiviert. Betritt man beispielsweise ein italienisches Restaurant, wird ein entsprechender Frame abgerufen – und damit sind Begriffe wie Pizza, Pasta, Kellner, Italien oder Speisekarte sofort verfügbar und verständlich im Kontext dieses Rahmens. Im Deutschunterricht haben wir spekuliert, wie viele Frames wir in unserem Gehirn gespeichert haben, und gingen davon aus, dass es mehrere zehntausend sind – von denen wir im Alltag aber nur einen Bruchteil aktiv verwenden.
Wie bereits erwähnt, können Frames auch gezielt verwendet werden, um Begriffe positiv oder negativ zu konnotieren. Ein Beispiel hierfür ist der Ausdruck „Steuerlast“. Dieser aktiviert das Frame von „Last“, was eine negative Konnotation hat, und stellt Steuern somit als Belastung dar. Wählt man hingegen den Begriff „Steuerbeitrag“, rückt man die Steuern in ein positiveres Licht, da man sie als Beitrag zum Allgemeinwohl erscheinen lässt. Dieses Beispiel zeigt, wie sehr sich die Bedeutung eines Begriffs durch das Anwenden verschiedener Frames verändern kann.
Frames sind – wie zuvor beschrieben – von grosser Bedeutung für unsere Kommunikation und waren sicherlich auch in der menschlichen Evolution entscheidend für die Entwicklung zwischenmenschlicher Verständigung. Da wir Menschen ein starkes Bedürfnis haben, genau zu verstehen, was das Gegenüber ausdrücken möchte, haben wir unsere Kommunikation so entwickelt, dass möglichst wenige Missverständnisse entstehen. Dies wird besonders deutlich, wenn man mit jemandem über ein politisches Thema spricht oder politische Inhalte liest oder hört: Man versucht unbewusst sofort, die Urheberin oder den Urheber einer Aussage in eine bestimmte politische „Box“ einzuordnen. Dies hilft dabei, die Aussage besser zu verstehen, da der politische Kontext den Sinn bestimmter Äusserungen grundlegend verändern kann.
Obwohl diese Praxis die Komplexität politischer Meinungen und der dahinterstehenden Personen auf eine blosse Links-Rechts-Einteilung reduziert, ertappe ich mich selbst oft dabei – denn es macht das Einordnen und Interpretieren politischer Meinungen einfacher. Diese Vereinfachung erlaubt es, ein bestimmtes Frame zu aktivieren und die jeweilige Meinung anhand dieses Frames zu deuten sowie weitere Aussagen mit demselben oder verwandten Frames zu verstehen. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass wir Menschen Ungewissheit nicht mögen und es kaum aushalten, nicht genau zu wissen, was jemand mit einer Aussage meint.
Wenn beispielsweise jemand sagt, dass er oder sie Waffenlieferungen westlicher Länder an die Ukraine nicht befürwortet, kann das unterschiedliche Gründe haben: Die Person könnte aus pazifistischer Überzeugung generell gegen Waffenlieferungen an sich im Krieg befindliche Länder sein, da mit jeder Waffe – unabhängig von der Motivation – ein Mensch getötet werden könnte. Dieselbe Aussage kann jedoch auch aus einer pro-russischen Perspektive stammen, wie sie von rechtsextremen Parteien wie der AfD oder dem Rassemblement National vertreten wird. Eine Aussage kann also völlig unterschiedliche Motivationen haben – und um sie korrekt einzuordnen, muss man das passende Frame aktivieren, was oft geschieht, indem man die Aussage in einen konkreten politischen Kontext setzt.
Frames sind essenziell für zwischenmenschliche Kommunikation. Ohne sie könnten wir die Vielfalt an Wörtern und Ausdrucksmöglichkeiten nicht zuverlässig und ohne Missverständnisse nutzen. Gleichzeitig kann Framing aber auch als Manipulationsinstrument dienen, da es die Wirkung eines Begriffs stark verändern kann. Besonders im politischen Diskurs helfen uns Frames dabei, Meinungen besser zu verstehen. Um dies zu ermöglichen, ordnen wir Aussagen häufig bestimmten Kategorien oder „Boxen“ zu, damit wir die für uns passenden Frames aktivieren und die Inhalte einordnen können.